Lernprobleme

Lernprobleme: ADHS, LRS & Co

Der Kinesiologe und Pädagoge Paul Dennison (USA, link) erforscht seit bald vierzig Jahren den Zusammenhang zwischen Lernproblemen wie Lese-Rechtschreib-Schwäche oder Aufmerksamkeits-Defizitssyndrom ( ADHS ) und Bewegungsblockaden. Seine Beobachtung: Kinder und Erwachsene mit Lernproblemen sind sehr häufig auch in bestimmten Bewegungsabläufen blockiert. Wenn die Bewegungsblockaden behoben werden, kann auch die Lernfähigkeit verbessert werden.

In den 80er Jahren entwickelte er Brain Gym – ein System einfacher Körperübungen zur Verbesserung der Lernfähigkeit. Seither haben zahlreiche Kinesiologen und Pädagogen die pädagogische Kinesiologie ( Edukinestetik ) weiterentwickelt und dabei neue Erkenntnisse der Hirnforschung integriert. Viele der Grundannahmen der Lern-Kinesiologie sind inzwischen von der modernen Neurobiologie bestätigt worden.

Lern-Kinesiologie – die Grundprinzipien:

  1. Alle können leichter lernen!

Lernen ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen. Dies ist der Ausgangspunkt der Lern-Kinesiologen. In jedem Menschen ist die Fähigkeit zu Lernen angelegt. Nur in ganz wenigen Fällen, sind diese Fähigkeiten durch biologische Einschränkungen (zum Beispiel durch Krankheiten oder Unfälle) bleibend eingeschränkt worden.

In den allermeisten Fällen sind Lernprobleme auf zwei Ursachen zurück zu führen: Entweder sind bestimmte Entwicklungsstufen zum Beispiel in der frühen Kindheit unterbrochen oder ausgelassen worden; oder/und die Betreffenden geraten so in Stress, dass sie auf ihre Ressourcen nicht zugreifen können.

Wird das natürliche Lernbedürfnis unterdrückt, so liegt dies nach Ansicht von Kinesiologen daran, dass andere, noch existentiellere Grundbedürfnisse nicht erfüllt wurden und in Folge dessen bestimmte Lernblockaden auftreten.

Die Lösung ist dann nicht etwa, mehr Wissen hineinzupauken, sondern die Betroffenen aus den Blockaden herauszuführen. Alle Ressourcen für erfolgreiches Lernen sind bereits in uns!

  1. Lernen ist Bewegung

Natürliche Bewegungserfahrung, Entwicklung von Selbstgefühl und Freude am Lernen hängen zusammen! Ein Baby lernt durch Bewegung von Augen, Ohren, Händen, Füßen, Berührung, Gleichgewicht und sinnliche Erfahrung. Diese ersten Bewegungserfahrungen legen den Samen für spätere kognitive Erfahrung. Werden sie unterbunden, lernen wir zu Überleben -wir funktionieren ohne Selbstgefühl und ohne intrinsische Motivation am Lernen und Wachsen. Diese Annahme der Kinesiologie finde sich zum Beispiel auch in der Ergotherapie: Wenn bestimmte Entwicklungsphasen in der frühkindlichen Entwicklung nicht durchlaufen werden, so hat dies Auswirkungen auf spätere motorische, kognitive u.a. Fähigkeiten.

  1. Traumata behindern Lernen

Was als Trauma empfunden wird, ist individuell sehr unterschiedlich. Gefühl des Ausgeliefertseins und der Hilflosigkeit. Dieses kann schon bei von außen vermeintlich geringfügigen Situationen auftreten.
In späteren Situationen werden die ähnlichen Umstände (Mathearbeit; Ich steh vor der Klasse; Ich schaue nach links oben) mit vegetativem Stress verknüft.
Bei Stress laufen aber rein physiologisch Vorgänge ab, die bewusstem Lernen entgegenstehen: Hirnstamm und limbisches System reagieren, Muskeln verkürzen sich, dagegen wird der Frontallappen schlecht durchblutet, der Körper geht in den Kampf oder Fluchtmodus, da ist entspanntes Lernen nicht möglich (Blackout).

Es können also viele Erfahrungen und Ursachen auftreten, die unsere natürlichen Lernfähigkeit und Neugierde blockieren. Doch die gute Nachricht lautet:

Nachholende Entwicklung ist möglich!

So wie auch in der Ergotherapie oder Logopädie bestimmte Entwicklungsphasen nachgeholt werden können, ist dies auch im Bereich des Lernens und der Gehirnentwicklung möglich.

Auch die moderne Neurobiologie zeigt, dass bis ins hohe Alter neue neuronale Vernetzungen (Synapsen) angelegt werden können, also ein Ausbau unserer „Datenhighways“ im Gehirn stattfindet, wenn wir diese auch benutzten!

Vernetzungen, die wir nicht aktivieren, verkümmern.

Ein wichtiges Element ist Bewegung. Genau hier setzt die Edukinestetik an:

Spezifische, meist sehr einfache Körperbewegungen wurden entwickelt, um gezielt bestimmte Lernprobleme zu beheben („auszubalancieren“). Dabei handelt es sich nicht etwa um eine neue Lernmethode oder eine bestimmte didaktische Richtung – es geht darum, die Voraussetzungen für das Lernen wieder herzustellen.

Das Brain Gym System geht zurück auf Paul Dennison, der seit den 70er Jahren Lernprobleme an Sonderschulen beforscht hat. Unter anderem beforschte er die Bedeutung der Hand-Auge-Koordination und der Augenbewegungen über die Mittellinie für das Lesen. Außerdem erforschte er die so genannten Dominanzen (individuelle Lernprofile).

1980 veröffenlichte er sein Konzepte in dem Buch „Befreite Bahnen“. Es wurde mittlerweile von vielen Pädagogen, Kinesiologen und anderen Fachbereichen weiterentwickelt und hat viele Ansätze aus ganzheitlicher Körperarbeit, Psychologie, NLP, chinesischer Meridianlehre u.a. integriert.

Die Übungen der Edukinestetik zielen auf verschiedene Gehirndimensionen:

Lateralität (Kommunikation)

Fokus (Die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden; Aufmerksamkeit; Nah und Fern; Ich und mein Umfeld; Detail und Überblick): „ADS“, „Hyperaktiv“, kann Bewegungsdrang nicht kontrollieren; „Zappelphilipp;“ „Träumer“;.

Haltung (Motivation)
z.B. Boykottagen, Auflösung von negativen Glaubensmustern

Zentrierung (Organisation)
Verstand und Gefühl;

Rhythmus (Anspannung/ Entspannung)
Bewegung der Schädelknochen und der Cerebrospinalflüssigkeit

Atmung (Kraft, Macht, Raum nehmen und geben)

Körperregulation (Stresshormone)

Ist Brain Gym „wissenschaftlich“?

Nein, die Wirkungsweisen von Brain Gym und andere Methoden der Edukinesiologie wurden bislang nicht im herkömmlichen Sinne durch wissenschaftliche Studien bewiesen.

Wer nach persönlichen Erfahrungsberichten von Pädagogen sucht, kann bei Paul Dennison, Christina Buchner, Carla Hannaford, Renate Feuerlein u.a. fündig werden. Bei der einzigen mir bekannten wissenschaftlichen Studie wurden 86 Auszubildende mit der Lateralitätsbahnung trainiert, einer Bewegungsfolge aus dem Programm nach Dennison. Dadurch konnten ihre kognitiven Leistungen gesteigert werden. (Donczik)

Mir selbst und meinen Kindern hat die Edukinesiologie mehrfach einen großen Dienst erwiesen. Sei es beim Lampenfieber vor dem Vortrag, bei Leseproblemen in der Schule oder bei der Schwimm- und Tauchblockade (!), es gab nichts, wo diese einfachen Übungen, in der richtigen Kombination angewandt, nicht hilfreich waren.

Während die Lernkinesiologie im englisch-sprachigen Raum und in der Schweiz eine breitere Anerkennung erfährt, wird sie im deutschsprachigen Internet von einigen wenigen, aber laut starken Kritikern als „Hampelei“ verunglimpft. Dem gegenüber stehen viele Erkenntnisse der modernen Neurowissenschaften, welche die zentralen Grundannahmen der Lernkinesiologie bestätigen. Probiert es selbst aus, sammelt gelebte Erfahrungen – letztendlich könnt Ihr Euch nur selbst ein Urteil machen!